Mit jeder Reise werde ich routinierter und weiß noch genauer, was ich nicht vergessen darf und worauf ich getrost verzichten kann. Während ich mir vor meinen ersten Reisen noch vorkam wie Mr Bean beim Kofferpacken, gehe ich heute schon vor dem Packen des Koffers oder Rucksacks gedanklich die Gegenstände durch, die mich begleiten werden. Das passt dann auch meist, ohne, dass unschuldige Kuscheltiere darunter leiden müssen und ohne, dass ich endlose Packlisten schreiben muss. Das gilt für Reisen in nicht allzu exotische Länder.

Doch was ist mit den Gegenständen, die mir auf Reisen in die Hände fallen? Besonders schön geformte, vom Salz noch glitzernde Steine, die in der Jackentasche landen, hübsche Blüten, die ich mir am liebsten trocknen und als Bilder gerahmt an die Wand hängen würde, große Muscheln, die mich an das rauschende Meer erinnern, wenn ich sie mir an mein Ohr halte.

Es geht weiter; Souvenirs, die ich meinen Freunden mitbringen möchte und meiner Familie, denen ich zeigen möchte, dass ich auch von weit weit weg an sie gedacht habe. Souvenirs können kleine Holzfigurchen oder Kühlschrankmagneten, können jedoch auch landestypische Produkte sein, die man einpackt, um sie mit nach Hause zu nehmen und damit Erinnerungen an die Reise schafft. Man muss aber nicht ständig alles mitnehmen, Dinge mit sich schleppen, nur weil sie schön sind.

Es ist dieser typische Moment, in dem Eltern ihre Kinder ermahnen diese bestimmte, besonders verlockend hübsche Blume nicht zu pflücken, da sie ja gerade so hübsch ist, weil sie auf dieser Wiese steht.

Vergissmeinnicht rote Blume im Park Terra Nostra

Der Moment, in dem Eltern ihre Kinder dazu bringen, den Frosch, der so schön anzusehen auf der Hand sitzt, wieder wegspringen zu lassen oder den Schmetterling wieder fliegen zu lassen. Genauso ist es mit vielen anderen schönen Dingen, die uns begegnen.

Wenn man also wie eingangs erwähnt ungefähr weiß, was man auf Reisen benötigt und damit nur das Notwendige einpackt, schafft man es mit leichterem Gepäck zu reisen.  Durch leichtes Gepäck, das einen selbst auch leichter macht, leichter fühlen lässt, kann man eben auch leichtfüßiger auf Reisen gehen. Man kann sich mehr auf die Umwelt konzentrieren und es fallen einem noch eher diese Dinge auf, die man gerne mitnehmen möchte. Doch irgendwann lernt man sie in Freiheit zu schätzen und man nimmt eher Momente als Gegenstände mit.

Walter Mitty: Wann drückst du auf den Auslöser? – Sean O’Connell: Manchmal gar nicht. Wenn mir ein Moment gefällt, ich meine, mir … persönlich, dann will ich nicht, dass mich die Kamera irgendwie ablenkt. Dann will ich einfach nur … darin verweilen. – Walter Mitty: Darin verweilen? – Sean O’Connell: Ja, so wie gerade.

aus „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“

Ein gutes Beispiel für das Zurücklassen, um weiter mit leichtem Gepäck zu reisen, ist der Wanderstock, den ich während meiner Reise auf der Azoren Insel Sao Miguel am Beginn eines Wanderweges stehen sah. Er war wunderschön geformt, der ideale Wanderstock für mich. Er hatte die perfekte Höhe, lag gut in der Hand und er unterstützte mich wirklich, erleichterte er es mir doch über glitschige Steine und rutschiges Moos zu laufen und dabei nicht den Halt zu verlieren. Drei Stunden lang nahm ich ihn mit auf meinen kleinen Wanderweg, ich war so froh, dass jemand ihn abstellte und zurückließ. So hatte ich die Chance ihn zu nutzen und ihn meinen Begleiter zu nennen, der mir zur Sicherheit beim Laufen verhalf. Als ich am Ende des Wanderweges ankam, schaute ich mir den Wanderstock noch einmal an und stellte ihn dann ab. Ich ließ den großen Stock aus Holz zurück – ich hätte ihn auch mitnehmen können, ins Auto legen, mit nach Hause, wo ich ihn leicht verstaubt für die nächste Wanderung hätte einpacken können, doch ich ließ meinen hölzernen Freund zurück. Mit dem Gedanken, dass ihn jemand anderes auch schön finden wird und nützlich bei dem Weg über Stock und Stein.

Wasserfall mit Hund Sao Miguel Azoren Wandern

Manchmal lässt man etwas zurück, um sich weiter leicht zu fühlen und sich nicht zu beschweren. So oft kann man den Moment mitnehmen, den kann einem niemand mehr nehmen.

Wenn du deinen Daheimgebliebenen zeigen möchtest, dass du auch auf deinen Reisen an sie denkst, musst du keine klobige, handgeschnitzte Holzfigur mit nach Hause schleppen (gut, das ist übertrieben, aber auch viele kleine Souvenirs können schwer werden). Schick ihnen doch einfach mal wieder, ganz klassich – so banal es auch klingen mag; eine Postkarte anstelle Erinnerungen nur noch via Whatsapp Nachrichten oder Social Media Postings zu teilen. Oder schick doch eine Postkarte an dich selbst, eine Karte auf der du die schönen Dinge beschreibst, die du einfach dagelassen hast wo sie hingehören, die zu schön waren, um sie zu berühren – und wenn du dann Zuhause bist, gerade mit dröhnendem Kopf aus einem anstrengendem Tag nach Hause kommst, holst du eine Karte aus der Vergangenheit aus dem Briefkasten – von einem Moment, in dem du dich einfach leicht und frei gefühlt hast.

Wanderweg Azoren mit Rucksack Sao Miguel grüne Insel

Inspiration zu diesem Beitrag gab mir die Blogparade „Mit leichtem Gepäck“ von reiseum.de

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