Serien und Filme können beeinflussen. Ja, Geschichten bereichern und Charaktere inspirieren uns. Wir tauchen ein in eine andere Welt, freunden uns mit so manch einem Protagonisten an.
Und dann ist plötzlich Schluss. Die Credits laufen über den Bildschirm, der finale Song wird angestimmt, es herrscht eine gewisse Leere. Der Durst nach mehr Material ist jedoch noch vorhanden. Wir lesen Kritiken, googeln die Schauspieler, lesen Interviews, folgen ihnen vielleicht auf sozialen Netzwerken?
Nachdem ich 4 Blocks gesehen habe, bin ich erstmal zum Baklava-Laden um die Ecke und habe mich mit den orientalischen, süßen Backwaren eingedeckt. Und in Berlin lebend, bin ich so manch einer Serie doch ziemlich nah, wie ich feststelle als ich nach einem kurzen Spaziergang ums Eck bei mir die Halle, in der die große, jüdische Hochzeit der Serie Unorthodox stattfand, wieder erkannte.
Spaziergänge in Berlin á la Netflix. Wobei Netflix nicht immer Produktionsfirma, jedoch Abspiel-Plattform ist. Im Folgenden liste ich dir ein paar markante Orte aus Netflix-Serien auf, die sich wunderbar mit einem Spaziergang verbinden lassen. Es sind nicht die typischen Spaziergänge an den schönsten Orten in Berlin, lassen dich aber noch einmal in die Serie eintauchen, meist noch eine interessante Umgebung entdecken und verschiedene Facetten Berlins lernst du nebenbei noch kennen.
Damengambit: Karl-Marx-Allee
Wandele wie Beth durch Moskau
Die Netflix-Serie Damengambit hat einen regelrechten Schachboom ausgelöst. Schachbretter waren ausverkauft und das Klassik-Brettspiel wird unzählige Male als App heruntergeladen. Gegen eine Runde Schach ist nichts, aber auch rein gar nichts, einzuwenden. Gegen ein paar Schritte auf der 2,3 Kilometer langen Karl-Marx-Allee, früher Stalinallee, jedoch auch nicht. Hier bewegst du dich wie ein Turm – immer geradeaus. Die Straße der endlosen Weite hat die ideale Länge für einen kleinen Spaziergang für Langschläfer. Markant ist hier die Architektur. Du triffst hier gleich auf einige Zeitzeugen; den Zuckerbäckerstil der Sowjetunion, darüber hinaus auf Vertreter der Ostmoderne: das Kino International oder auch das Café Moskau. Die Szene in Damengambit wurde im Rosengarten in der Nähe des U-Bahnhofs Weberwiese gedreht.
Du startest am Alexanderplatz und läufst dann die weitläufige Allee entlang über den Straußberger Platz bis zum Frankfurter Tor, wo du auf die beiden markanten Türme des Ensembles triffst.
Wo geht’s los?
S + U Bahnhof Alexanderplatz
Unorthodox: Berliner Philharmonie
Staune wie Esty an der „Konzertschachtel“
Hier lauscht Esty, Protagonistin, der Mini-Serie Unorthodox den Klängen der Instrumente der Musikstudenten und steigt sogar heimlich in das Gebäude ein. Die Berliner Philharmonie, erbaut in den 1960er Jahren, ist von außen ein absoluter Blickfang und auch ein idealer Ausgangspunkt, um von dort aus zunächst über den Potsdamer Platz und dann in Richtung Brandenburger Tor zu spazieren. Verlaufen wirst du dich nicht so leicht, das Brandenburger Tor ist schon vom Potsdamer Platz aus zu erkennen, du kannst entspannt darauf zu laufen.
Wo geht’s los?
S + U Potsdamer Platz
Berlin Station: Museumsinsel
Entspannt, wo es rasant zuging
Deinen Spaziergang kannst du zum Beispiel an der Museumsinsel beginnen. Du läufst durch den Lustgarten, der mit dem alten Museum eine wunderschöne Kulisse ergibt. Ganz nebenbei hast du noch eine fabelhafte Sicht auf den Berliner Dom. Weiter in Richtung Norden gelangst du auch schon vorbei an den markanten Säulen der Kollonaden Berlin, wo CIA-Agenten aus der Netflix-Serie Berlin Station über Kalte-Kriegs-Ereignisse resümieren. Es folgt die Überquerung der Spree über die Monbijou-Brücke. Im kleinen, aber feinen Monbijou-Park lässt es sich schön durchatmen. An der Spree, im Grün, mitten in der Stadt und hoffentlich ganz ohne Agenten-Action.
Wo geht’s los?
Bushaltestelle (z.B. 100, 200): Lustgarten oder vom Alexanderplatz aus in Richtung Lustgarten laufen, alternativ am S-Bhf. Hackescher Markt starten.
Victoria: Friedrichstraße
Ganz ohne Bankraub ein paar goldene Ecken entdecken
Im Gegensatz zum Film Victoria, dessen Besonderheit ist, dass dieser ganz ohne Schnitte auskommt und an einem Stück mit einer einzigen Kamera gedreht wurde, lässt sich die Friedrichstraße relativ leicht sinngemäß stückeln und in Schubladen stecken. Dort Ost, dort West. Dort Kreuzberg, dort Mitte. Besonders deutlich wird es am Checkpoint Charlie. Auf der einen Seite die eher sozial schwächer wirkende Seite mit den großen Siedlungen, auf der anderen Seite Hochglanz und Weiten des Asphalts, Spitzen des Kapitalismus zwischen Touristen, der Galeries Lafayette und Rolex. Hier glänzt das Gold in den Schaufenstern. Gleich zu Beginn der Route streifst du das Hotel West-in Grand, in dem sich die Protagonistin mit ihrem Partner in Crime samt ihrer Beute verstecken. Dass die Übergänge auf der Friedrichstraße fließend sind und es viel mehr als nur zwei Schubladen gibt, wird dir klar, wenn du die 3,3 km lange Straße einmal komplett abläufst. Sie beginnt am Oranienburger Tor in Mitte und endet am Mehringplatz in Kreuzberg. Sie ist nicht schön, aber sie einmal abzulaufen hilft dabei, Berlin besser zu verstehen.
Wo geht’s los?
S-Bhf. Friedrichstraße
Dark: Forst Düppel
Ein Spaziergang durch den nicht ganz so finsteren Wald und garantiert ohne Kernkraftwerk
Eine der größten deutschen Neflix-Serien, Dark, spielt unter anderem im kleinsten der fünf Berliner Forste. Es handelt sich um den Berliner Forst Düppel. Markant, immer wieder in der Serie zu sehen, ist eine Brücke, die über stillgelegte Bahngleise führt. Früher ist auf diesen Schienen die S-Bahn zwischen Wannsee und Stahnsdorf gefahren. Um die düstere Stimmung von Dark etwas abzuschütteln, eignet sich ein Spaziergang durch das Waldgebiet ideal, ganz ohne „Dark“-Filter. Am S-Bahnhof Wannsee läufst du bis zur Potsdamer Chaussee, unter den Bahntrassen hindurch, hinter der Brücke nach rechts auf den Stahnsdorfer Damm. Ein paar Schritten weiter biegst du dann links direkt in den Düppeler Forst ein. Walden statt Binge-Watch!
Wo geht’s los?
S-Bhf. Wannsee